Wie erwartet hat das Oberverwaltungsgericht Hamburg heute die gesetzliche Grundlage für die Gefahrengebiete als unvereinbar mit dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot und dem den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und damit als verfassungswidrig erklärt.[1][2]
“Es ist bedauerlich, dass es erst wieder einer gerichtlichen Entscheidung bedurfte, die Politik an die Wahrung der Grund- und Bürgerrechte zu erinnern.“ sagt Thomas Michel, 2. Landesvorsitzender der Piratenpartei Hamburg. „Der massive Eingriff in die Grundrechte durch die Unverhältnissmäßigkeit der Maßnahmen waren jederzeit offensichtlich. Die anlasslosen Kontrollen stehen für eine Sicherheitsideologie, die auf Abschreckung setzt und uns alle ohne konkreten Verdacht zu potenziellen Gefährdern abstempelt und entsprechend behandelt. Sie stehen für einen Staat, der die Kontrolle über seine Bürger ausüben möchte, denn Überwachung bedeutet Kontrolle.”
Die PIRATEN befürchten, dass der Hamburger Senat nun eine gesetzliche Neuregelung schafft, die die Befugnisse der Polizei, lediglich, auf ein verfassungsrechtlich gerade noch zulässiges Höchstmaß beschränkt. Die einzig mögliche Konsequenz aus diesem Urteil, sollte aber der Verzicht auf jede Form anlassloser Kontrollen darstellen, egal ob in vermeintlichen Gefahrengebieten oder anderswo. Wir fordern deshalb weiterhin die ersatzlose Streichung des §4 Absatz 2 aus dem PolDVG.
Die Piratenpartei Hamburg ruft daher zur Teilnahme an der Demonstration „Freiheit statt Angst“ in Hamburg gegen exzessive Überwachung und Vorratsdatenspeicherung, am 23. Mai, dem Tag des Grundgesetzes, auf.
Seit 2005 ist die Hamburger Polizei ermächtigt, nach eigenem Ermessen und ohne richterlichen Beschluss oder parlamentarischer Entscheidung Stadtteile und Gebiete der Hansestadt zu Gefahrengebieten zu erklären. In den Gefahrengebieten sind jederzeit verdachts- und anlasslose Polizeikontrollen, Personalienfeststellungen und Platzverweise möglich.
Seit Schaffung der gesetzlichen Grundlage gab es in den mehr als 40 eingerichteteten Gefahrengebieten 54.967 Identitätsfeststellungen, 12.499 Inaugenscheinnahmen mitgeführter Sachen (Durchsuchungen), 13.793 Platzverweise, 3.858 Aufenthaltsverbote, 2.464 Ingewahrsamnahmen und 6.197 Ermittlungsverfahren. Nicht bekannt ist allerdings, wie viele davon zu einem Verfahren oder gar zu einer Verurteilung führten.
[1] http://justiz.hamburg.de/aktuelle-presseerklaerungen/4496244/pressemitteilung/
[2] http://justiz.hamburg.de/contentblob/4496240/data/4bf226-12.pdf
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