Es hätte auch anders ausgehen können, doch das Hamburgische Verfassungsgericht erklärte das Referendumsbegehren des Bündnisses „Faires Wahlrecht – Jede Stimme zählt“ für nicht zulässig. Die Initiative stellt daher ab sofort die Unterschriftensammlung ein, die in den letzten Wochen Fahrt aufgenommen hatte und bis zum 17. März dauern sollte. „Immerhin haben wir jetzt Rechtsklarheit“, so Manfred Brandt, eine der drei Vertrauenspersonen der Initiative. „Das heißt aber auch, dass eine Zweidrittel-Mehrheit der Bürgerschaft in Zukunft jedes unliebsame Ergebnis eines Volksentscheids und jedes unbequeme Verfassungsgerichtsurteils dadurch aushebeln kann, dass sie die Gegenposition in die Verfassung schreibt. Für Demokraten kann dies kein haltbarer Zustand sein.“
Hintergrund der Gerichtsentscheidung war der Beschluss von SPD, CDU und Grünen in der Bürgerschaft, die zuvor vom Verfassungsgericht gekippte 3%-Sperrklausel für Bezirksversammlungswahlen in die Hamburgische Verfassung aufzunehmen. Damit ist für kleine Parteien und lokale Wählergruppen erneut eine Hürde geschaffen, die es ihnen schwer macht, sich in der Hamburger Kommunalpolitik zu etablieren. Das gleiche Verfassungsgericht sah in der 3%-Hürde noch vor einem Jahr eine Verletzung der Wahlgleichheit und der Chancengleichheit der Parteien. Aus diesem Grund waren Sperrklauseln auf kommunaler Ebene in fast allen Bundesländern schon vor Jahren abgeschafft worden.
Da in Hamburg Änderungen am Wahlgesetz durch die Möglichkeit eines so genannten fakultativen Referendums geschützt sind, hatte das Bündnis, dem etwa ein Dutzend kleine Parteien und Bürgerinitiativen angehören, noch vor Weihnachten ein Referendumsbegehren beantragt. Der Senat rief daraufhin das Verfassungsgericht an, um die Zulässigkeit zu überprüfen. Die Richter befanden jetzt, die 3%-Sperrklausel in die Verfassung zu schreiben, sei keine Änderung des Wahlgesetzes. Für juristische Laien dürfte diese Begründung schwer nachzuvollziehen sein: Die Sperrklausel ist zwar verfassungswidrig, aber sobald sie in der Verfassung steht, ist das in Ordnung. Dadurch wird zwar die 3%-Klausel im Wahlgesetz aufgehoben, aber das ist keine Änderung des Wahlgesetzes im Sinne der Verfassung. Und die kleinen Parteien haben sich auf das Verfassungsgerichtsurteil verlassen, das die Sperrklausel abgeschafft hatte. Jetzt ist sie doch wieder da, weil die großen Parteien sie zu ihrem Vorteil in die Verfassung geschrieben haben. Angelika Gardiner, ebenfalls Vertrauensperson der Initiative: „Das klingt nach Absurdistan. Wer soll dafür Verständnis haben?“
Für Rückfragen: Manfred Brandt, Tel. 7402497 oder 0176-70759718
Angelika Gardiner, Tel. 8902426 oder 0163-9144662
Matthias Cantow, Tel. 30969115 oder 0163-1806833
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