Ein Kommentar anlässlich der Wahlen in Sachsen und Thüringen
Am 1.9.2024, 85 Jahre nach Beginn des 2. Weltkriegs durch die NSDAP-regierten Deutschen, wählten die Thüringer mit fast 33% die AFD – eine geistige Nachfolgepartei der NSDAP. Dadurch erhält die AFD eine Sperrminorität und kann den Parlamentspräsidenten stellen. Bestenfalls ist das Land „unregierbar“, d.h. die alte Regierung regiert erst mal weiter und muss sich Mehrheiten suchen. Schlimmstenfalls werden sich CDU oder BSW aus Machtgier auf eine Koalition mit der AFD einlassen. Was so eine Koalition bedeuten würde, haben unsere Vorfahren bereits 1930 erlebt. Damals war Thüringen ebenfalls das erste Land, dass der Machtgier der NSDAP mithilfe anderer rechtskonservativer Parteien zum Opfer fiel. 3 Jahre später folgte dann die Machtergreifung in ganz Deutschland.
Die vielbeschworene Brandmauer ist schon heute bundesweit nicht mehr existent. Denn sowohl die Ampel als auch schon seit langem die CDU bedienen und stärken durch ihre Politik die AFD. Anstatt sich die Mühe zu machen gemeinsam mit der Bevölkerung nach Problemlösungen zu suchen, hauen sie drauf und nehmen die Einwanderer in Gesamthaftung.
Die Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen sind Teil einer langen aber steten Entwicklung. Es rächen sich nun alle Politikfehler, die seit Mauerfall begangen wurden. Wir Piraten setzen uns deshalb seit fast 20 Jahren für Bürgerrechte und echte Problemlösung ein. Denn ohne Transparenz, Augenhöhe und Mitsprache funktioniert keine Demokratie. Hier versagen leider alle größeren Parteien: Macht zu haben und zu verteidigen scheint zum Selbstzweck geworden zu sein. Ein Großteil der Menschen fühlt sich längst abgehängt und wird auch nicht von den regierenden Parteien berücksichtigt. Aber Demokratie ist nicht selbstverständlich: die hart erkämpfte Freiheit muss auch gelebt und verteidigt werden. Es gibt keine einfachen Lösungen! Politik braucht ihre Zeit um Veränderungen zu ermöglichen. Politik braucht Mitsprache und Ideen. Beides scheint zu fehlen. Es ist falsch Feindbilder zu wecken und der Bürgerschaft vorzugaukeln, es gäbe einfache Lösungen!
Besonders sprachlos vor Entsetzen macht mich allerdings die Debatte die auf das Wahlergebnis folgte: Die demokratischen Parteien überbieten sich mit Anbiederung an AFD-Narrative. Allen voran die CDU/CSU deren Sprache sich durchaus mit der AFD messen kann. Auch die Ampel-Parteien tun so, als wären „die Migranten“ unser größtes Problem. Und überbietet sich mit Verschärfungen des Asylrechts. In allen Ecken scheint ausgemacht: „Die Ausländer sind ein Problem“. Wie sehr erinnert das an die Zeit vor 1933. Damals war ausgemacht: „die Juden“ seien ein Problem, was uns Schülern damals im Geschichtsunterricht immer total absurd vorkam. Eine Geschichte, die sich jetzt zu wiederholen scheint. Die AFD verschaffte verstecktem gesellschaftlichem Rassismus ein Sprachrohr und wiederholt mithilfe von aufgeblasenen Falschnachrichten seit 2014 ständig dasselbe Narrativ: Die Migranten – speziell die muslimischen – wären ein Problem. Vergewaltiger. Messermörder. Nutznießer des Sozialsystems, dass man abschaffen will. Keine Erfindung ist mies genug Menschen zu verunglimpfen. Durch eine schrittweise Verrohung der Sprache wurden die Menschen Stück für Stück immer weiter entmenschlicht. Nach 10 Jahren medialer Berieselung glauben viele daran. Das ist das schlimmste an den Wahlergebnissen! Und demokratische Kräfte setzen diesem Hass kaum etwas entgegen.
Seit Januar waren hier bundesweit hunderttausende Menschen auf der Straße. Weil sie sich Sorgen um den Erhalt unserer Demokratie machten. Oft ertönten Forderungen, nach der Einleitung des AFD-Verbots. Von den Parteien, die etwas gegen die neuen Nazis der AFD tun könnten, kam dröhnendes Schweigen. Da stellt sich die Frage, was können hunderttausende friedlich Demonstrierende ohne politische Unterstützung eigentlich ausrichten? Politisch rannten sie gegen Wände aus Stahlbeton. Spruch von Olaf Scholz: „Unsere Demokratie ist stark genug.“ Schlafschafiges Pfeifen im Dunkeln!
Für uns Piraten bedeutet Politik Problemlösung. Das ist mühsam und dauert. Das erfordert vor allem einen ständigen Dialog mit der Bevölkerung. Etwas, dass alle verlernt haben. Zu einfach ist das Regieren von oben. Das Piratenprogramm ist ein Programm von unten, dass die Mitglieder gemeinsam erarbeitet haben. Das ist anstrengend und es erfordert Beteiligung. Aber es lohnt sich. Gerade weil es um Problemlösung geht und die Piraten die vielen hart arbeitenden Menschen, den Klimawandel und wirtschaftliche und gesellschaftliche Impulse im Blick haben beinhaltet unser Programm Punkte, wie z.B. das bedingungslose Grundeinkommen und fahrscheinlosen ÖPNV. Denn Zusammenhalt bedeutet Stärke!
Wir Piraten stehen an der Seite derer, die erschüttert von der derzeitigen Entwicklung sind. Nicht dass man es nicht kommen sah – aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Als Teil des Bündnisses „Klare Kante gegen Rechts“ hier in Hamburg kämpfen wir für den Erhalt unserer Freiheitsrechte und für die Verbesserung unserer vielfältigen Demokratie. Denn nur gemeinsam sind wir stark!
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