Im Oktober 2015, beinahe neun Jahre vor den Olympischen Spielen 2024, veröffentlichte der Hamburgische Senat den Finanzreport zu seiner Olympia-Bewerbung. Die Bürger Hamburgs sind nun dazu aufgefordert – letztmalig – über diese Bewerbung abzustimmen. Olaf Scholz nennt die vorliegenden Zahlen die am besten durchgerechnetste Olympia-Bewerbung „ever“. Sein Staatsrat Christoph Holstein spricht davon, dass der Finanzierungsbetrag der Spiele für Hamburg 1,2 Mrd. Euro betragen und nicht überschritten werden wird. Sie beide wissen, dass die Ausrichtung einer Olympiade mit gigantischen Kosten verbunden ist und noch nie eine Olympiade ihr Budget eingehalten hat. Um das Olympia-Referendum zu gewinnen, wollen sie dennoch vermitteln, dass die Kosten für die Austragung der Olympischen Spiele 2024 für Hamburg gering und berechenbar bleiben würden.
Die Details des Finanzreports machen allerdings schnell deutlich, dass er den Ansprüchen an eine gründliche Planung nicht gerecht wird. In vielen Themenfeldern kann von einer Berechnung der Kosten keine Rede sein, da noch gar nicht feststeht, was eigentlich konkret gebaut bzw. getan werden soll. Die Beträge in diesem Finanzreport sind zum größten Teil grobe Schätzungen anhand der Erfahrungen der Olympischen Spiele 2012 in London, der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland 2006 und der Erschließung der HafenCity. Beim Ausbau der Infrastruktur, im Bereich der Mobilität, sind die Planungen teilweise sogar so unkonkret, dass der Finanzreport davor zurückschreckt sie überhaupt Kostenschätzungen zu nennen und lieber den Begriff „Kostenidee“ verwendet. Kein Konzept kann vernünftig durchgerechnet werden, das noch gar nicht existiert. Darum ist dieser Finanzreport zum jetzigen Zeitpunkt zwangsläufig sehr ungenau und nicht als Grundlage für eine verbindliche Entscheidung zur hamburger Olympia-Bewerbung geeignet. Das Referendum über diese Frage ist eindeutig zu früh angesetzt.
Dafür spricht ebenfalls, dass neben dem Bedarf an Finanzmitteln auch deren Herkunft noch vollkommen ungeklärt ist. Der Finanzbericht stellt die Kosten für Hamburg mit 1,2 Mrd. Euro dar, allerdings nicht, weil sich diese Zahl aus Berechnungen ergeben würde, sondern weil dies politisch so entschieden wurde. Die dort geschätzten Kosten für die öffentliche Hand belaufen sich bis 2024 auf 7,4 Mrd. Euro. Für die restlichen Beträge gibt es bis heute keine Zusagen. Nicht enthalten in diesen Beträgen sind weitere Kosten, die außerhalb Hamburgs beim Bund und anderen Ländern anfallen (mit Ausnahme des Standorts Kiel). Ebenfalls ausgeklammert ist die Frage der Haftung, wer eigentlich die Kostenrisiken trägt und für welchen Bereich. Dazu kommen große Investitionen, die von privaten Investoren getätigt werden sollen. Die daraus entstehenden Risiken werden vom Finanzreport ignoriert, würden aber auf die Stadt zurückfallen, denn diese Projekte werden für die Austragung der Spiele zwingend gebraucht.
Damit gibt es zum jetzigen Zeitpunkt weder Klarheit über die tatsächlichen Kosten, noch über die Finanzierung dieser Kosten. Der Finanzreport zeigt an vielen Stellen die fehlende Planungsreife für eine wirklich solide Kostenschätzung. Dadurch ergeben sich erhebliche Risiken und wahrscheinlich hohe Mehrkosten. Einige Abschätzungen erscheinen dabei auch sehr optimistisch.
Die Punkte im Einzelnen:
1. OlympiaCity
Auf dem Kleinen Grasbrook soll die OlympiaCity mit den olympischen Sportstätten entstehen. Die Sportstätten bestehen aus dem Stadion, der Schwimmhalle und der Olympiahalle. Dazu kommen Mediengebäude und Flächenerschließungen. Geschätzt wurden dafür Kosten in Höhe von gut 2,3 Mrd. Euro. Allerdings steht bei keiner dieser Sportstätten überhaupt schon fest, wie diese tatsächlich genau ausgestaltet werden sollen. Es wird dafür erst noch Architekturwettbewerbe geben. Die bisherigen Berechnungen basieren nicht auf konkreten Plänen, sondern wurden anhand der angestrebten Besucherplätze abgeschätzt. Das Potenzial für zusätzliche Kosten, vor allem bei den komplexen Bauten, wie dem Olympiastadion, sind dementsprechend hoch. Bauverzögerungen können nur im Rahmen des Terminplans hingenommen werden. Je näher die Spiele rücken, desto tiefer muss in die Tasche gegriffen werden.
Für das Olympische Dorf sollen Erschließungskosten in Höhe von gut 2,2 Mrd. Euro anfallen. Nicht darin enthalten sind die eigentlichen Wohnungen, in denen die Athleten unterkommen sollen. Der Senat geht davon aus, dass diese vollständig von privaten Investoren gebaut und für die Spiele der Stadt überlassen werden. Danach sollen die Privatinvestoren diese Wohnungen dann entsprechend des Drittelmix verwenden können. So soll pünktlich zum Olympia-Termin ein komplett neuer Stadtteil von privaten Trägern hochgezogen werden. Terminverzögerungen, wie sie bei solchen Projekten häufig vorkommen, sind allerdings nicht möglich. Bei Problemen würde der Stadt gar nichts anderes übrig bleiben als die Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen. Wenn man sie rechtzeitig erkennt, lassen sich solche Probleme lösen, aber nur mit dem Einsatz erheblicher Finanzmittel. Der Finanzreport sieht dafür keine Reserven vor.
Für die Unterbringung der Medienvertreter ist ein – ebenfalls privat finanziertes – Mediendorf vorgesehen, das dezentral über die Stadt verteilt sein soll. Dafür stehen bisher offenbar keinerlei Details fest. Geeignete Orte müssen erst noch gefunden werden.
Geplante Kosten: 4,6 Mrd Euro + Privatinvestitionen in Höhe von 3,5 Mrd. Euro vor den Spielen
Zusätzliches Risiko: 1 bis 2 Mrd. Euro
2. Sportstätten außerhalb der OlympiaCity
Neben der OlympiaCity sollen weitere 16 bestehende und 8 neue Sportstätten für die Spiele genutzt werden. Dazu kommen über 100 Sportstätten als Trainingsanlagen. Hierfür werden zahlreiche kleinere Bau- und Sanierungsmaßnahmen erforderlich. Eine detaillierte Bewertung der Kostenschätzungen ist ohne genaue Kenntnis der Anlagen und Grundstücke schwierig. Die Kosten dafür sind vom Finanzreport mit einer knappen Milliarde Euro veranschlagt. Dabei handelt es sich um eine Summe von sehr vielen kleineren Beträgen. Bei so vielen Projekten kann es immer zu einzelnen Schwierigkeiten kommen, allerdings weniger zu wirklich großen Problemen. Eine moderate Kostensteigerung im Bereich weniger Hunderttausend Euro erscheint als wahrscheinlich.
Geplante Kosten: 940 Mio. Euro
Zusätzliches Risiko: 100 bis 300 Mio. Euro
3. Mobilität
Die Mobilitätsplanung umfasst zahlreiche Um- und Ausbauten bei der U-Bahn, S-Bahn, Fern- und Regionalbahnen, Straßen und Brücken, Busverbindungen, Fuß- und Radwegen, Fähren und dem Flughafen. Für viele dieser Punkte lagen zum Berechnungszeitpunkt noch keine ausgearbeiteten Planungen vor. Die Kosten für viele Einzelpunkte und das übergreifende Mobilitätsmanagement sind sehr grob geschätzt. Für viele Projekte im Schienenverkehr sind von der Deutschen Bahn und der Hochbahn Kostenschätzungen eingeholt worden, die der Finanzreport selbst ausdrücklich nur als „Kostenidee“ bezeichnet. Einige der größten Einzelposten in diesem Bereich sind daher als vollkommen unzuverlässig einzustufen. Dabei ist auch festzuhalten, dass hierdurch weite Teile der Stadt und damit auch sehr viele Anwohner direkt betroffen sein werden. Eine einvernehmliche Planung mit allen Beteiligten wird sehr aufwendig sein und kann frühe Planungsideen noch erheblich verändern.
Die vermuteten Kosten für diesen Bereich von ca. 2,1 Mrd. Euro können daher leicht noch dramatisch überschritten werden. Eine Milliarde Euro an Mehrkosten sind da schnell erreicht.
Die Kostenplanung für die Mobilität unterscheidet im Finanzreport zwischen Projekten, die in dieser Form wegen Olympia gebaut werden, und solchen, die zwar für Olympia benötigt werden, aber auch ohne diese Veranstaltung gebaut werden würden. Diese Unterscheidung erscheint in einigen Punkten recht willkürlich. Die großen betroffenen Projekte sind hier der Bau der S4, die A26-Ost, der Ausbau des Hauptbahnhofs und die Erweiterung der A21 bis Kiel. Diese Projekte sind zwar auch ohne Olympia vorgesehen, aber es ist zum Teil völlig unklar, wann sie tatsächlich umgesetzt und fertiggestellt werden würden. Selbst die Finanzierung ist in mehreren Fällen noch gar nicht geklärt. Bei einer Ausrichtung der Olympischen Spiele 2024 müssten diese Projekte aber in jedem Fall rechtzeitig fertiggestellt werden. Dafür müssen Finanzmittel bereitgestellt werden, die dann für andere – eventuell wichtigere – Projekte nicht mehr oder erst viel später zur Verfügung stehen.
Daraus würde sich eine ähnliche Umschichtung von Geldern hin zu olympiarelevanten Projekten ergeben, wie in einigen der anderen Projekten auch. Der einzige Grund, warum diese Kosten nicht der Olympiade zugerechnet werden, ist weil man hofft, dass die Gelder dafür auch ohne Olympia zu ähnlichen Zeiten fließen würden. Je nachdem, wie sehr man diese Hoffnungen im jeweiligen Projekt teilt oder nicht, müssten also zusätzliche Kosten für das Mobilitätskonzept der Spiele veranschlagt werden. Diese können in Summe bis in den Milliardenbereich reichen.
Geplante Kosten: 2,1 Mrd. Euro
Zusätzliches Risiko: 1 bis 1,5 Mrd. Euro, je nachdem welche Kosten man Olympia zuordnet
4. Hafen
Der Umzug des Hafengewerbes auf dem Kleinen Grasbrook ist ebenfalls weit von einem berechenbaren Planungsstand entfernt. Um Platz zu schaffen für die OlympiaCity müssen einige Unternehmen umziehen. Außerdem werden vor allem durch die Brücken einige Wasserwege und Liegeplätze nicht mehr so wie bisher nutzbar sein. Der Ort, wohin diese Unternehmen umziehen sollen, ist in einigen Fällen noch völlig ungeklärt. In anderen Fällen gibt es bestenfalls grobe Ideen. Einigungen mit den betroffenen Unternehmen gibt es bisher kaum. Das einzige, was wirklich bereits feststeht, ist dass die Stadt den Umzug der Unternehmen zu mindestens gleichwertigen Standorten im Hafengebiet vollständig bezahlen wird und damit auch alle Risiken übernimmt. Um dies überhaupt räumlich möglich zu machen, soll der komplette Mittlere Freihafen vollig umgebaut werden. Dabei soll die verfügbare Landfläche erweitert werden. Die Wasserwege und -flächen werden reduziert. In welcher Form dies genau stattfinden soll, ist noch vollkommen ungeklärt. Neben den Gewerbeflächen zu Land müssen auch Wartebereiche für Schiffe verlegt werden.
Für das gesamte Mammuth-Projekt sind bisher 1,3 Mrd. Euro an Kosten veranschlagt. Dabei stehen zahlreiche Einigungen mit Unternehmern und sogar der Tschechischen Republik, die zur Zeit den Moldauhafen nutzt, noch aus. Keiner dieser Unternehmer hat einen Grund der Stadt in irgendeiner Form entgegenzukommen. Durch den Zeitdruck der Olympischen Spiele ist die Stadt in einer besonders schlechten Verhandlungsposition und muss der Wirtschaft ihre Wünsche erfüllen, oder alternativ durch langwierige und teure Rechtsstreitigkeiten gehen. Die Planungen für Grundstücks- An- und Verkäufe und zustätzliche Landgewinnungsmaßnahmen können überhaupt erst abhängig davon abgeschlossen werden. Hier ist also aus verschiedenen Gründen mit gigantischen Mehrkosten zu rechnen.
Dazu kommen weitere Unsicherheiten dadurch, dass zur Zeit mehrere Unternehmen in der Nähe des Kleinen Grasbrook mit Gefahrstoffen arbeiten. Die Zulässigkeit dieser Gefahren während und auch nach den Spielen, wenn dort Wohnungen bezogen werden sollen, ist überhaupt nicht geklärt. Es kann also dazu kommen, dass zusätzlich noch neue Standorte für Gefahrstofflager gefunden werden müssen. Ebenfalls ungeklärt ist, inwiefern der Hafenbetrieb vor und während der Spiele ungestört weiterlaufen kann. Hier kann es zu erheblichen Behinderungen der Abläufe und damit zu hohen Entschädigungszahlungen kommen. Daraus ergeben sich weitere Kostenrisiken für die Stadt Hamburg.
Geplante Kosten: 1,3 Mrd. Euro
Zusätzliches Risiko: 1,3 bis 1,8 Mrd. Euro, je nachdem welche zusätzlichen Umzüge und Entschädigungen notwendig werden.
5. Sicherheit
Bei zahlreichen Einzelposten in diesem Finanzplan haben sich die Autoren eng an den Olympischen Spielen 2012 in London orientiert. Nur beim Sicherheitskonzept weichen die Planer drastisch von den Erfahrungen aus London ab und orientieren sich lieber an der Fußball-WM 2006. Es wird dabei nicht klar, warum ein dezentrales Turnier einer einzelnen Sportart eher mit einer Olympiade vergleichbar sein soll, als eine andere Olympiade, die ebenfalls rund um die Uhr in einer Großstadt verteilt stattgefunden hat. Mit weniger als 0,5 Mrd. Euro sind die Kosten bei weniger als einem Drittel der Sicherheitskosten von London angesetzt worden. Selbst ein geheimes Planungspapier der Polizei, das im Juni durch die Welt bekannt gemacht wurde, geht bereits von Kosten in Höhe von 1,4 Mrd. Euro aus. Dabei gilt, wie bei einigen anderen Berechnungen des Finanzplans auch, dass zum jetzigen Zeitpunkt ohnehin noch nicht zuverlässig eingeschätzt werden kann, welche Sicherheitsvorkehrungen im Jahr 2024 benötigt werden. Während in London noch umfassende Anti-Terror-Maßnahmen, sogar unter Einsatz des Militärs, vorgenommen wurden, plant Hamburg für seine Spiele offenbar lediglich einen etwas größeren Polizeieinsatz mit Hilfe der Feuerwehr. Die Planer gehen dabei von völlig ruhigen und störungsfreien Spielen aus. Risiken und besondere Bedrohungslagen sind nicht einkalkuliert.
Außerdem enthalten die Kostenschätzungen einen simplen Rechentrick. So geht man davon aus, dass die zusätzlich benötigten Beamten vom Bund und anderen Ländern im Rahmen der Amtshilfe zur Verfügung gestellt und der Stadt Hamburg nicht berechnet werden. Diese Kosten fallen aber natürlich trotzdem bei der öffentlichen Hand an. Während Kosten in Hamburg, die vom Bund bezahlt werden sollen, noch in die Olympiakosten mit einfließen, werden Olympiakosten, die gleich außerhalb der Stadt anfallen, einfach weggelassen.
Ehrlich gerechnet und unter Berücksichtigung der tatsächlichen Risiken ergeben sich damit eine Vielzahl der bisher veranschlagten Kosten. Je nach dem, wie die Bedrohungslage 2024 konkret aussehen wird, kann die Zahl dabei stark schwanken. Sicher ist aber, dass weder Hamburg noch das IOC vermeidbare Risiken eingehen werden, während den Spielen Anschläge wie jüngst in Paris oder bei den Olympischen Spielen 1972 in München zu erleben. Eine heute suggerierte Sparsamkeit bei der Sicherheit werden die späteren Entscheidungsträger kaum mittragen wollen.
Geplante Kosten: 460 Mio. Euro
Zusätzliches Risiko: 1.000 Mio. Euro, je nach Sicherheitslage evtl. noch weitere Kosten
6. Kiel
In Kiel sollen während den Spielen die Segelwettbewerbe stattfinden. Dafür sollen ein Olympisches Segeldorf, ein Segelcampus, eine neue Halle und einige andere Bauten errichtet werden. Zu den geschätzten Kosten von etwa 150 Mio. Euro sollen noch weitere 100 Mio. Euro an benötigten Privatinvestitionen kommen. Wie schon im Olympischen Dorf ergeben sich hieraus Risiken, die nicht realistisch in der Planung abgebildet sind. Vom Gesamtvolumen her sind die Maßnahmen aber vergleichsweise klein. Mehrkosten sind hier möglich, aber wahrscheinlich deutlich unter 100 Mio. Euro.
Geplante Kosten: 150 Mio. Euro + Privatinvestitionen in Höhe von 100 Mio. Euro
Zusätzliches Risiko: bis zu 50 Mio. Euro
7. Durchführung der Spiele
Die Kosten für die eigentliche Durchführung der Olympischen Spiele selbst lassen sich wahrscheinlich noch am ehesten zuverlässig abschätzen, da es viele Erfahrungswerte gibt. Kostenschwankungen ergeben sich vor allem aus Extrawünschen für die Eröffnungs- und Abschlussfeiern, die Preissituation für die benötigte Technik in neun Jahren und Schwankungen in der Höhe der Löhne und Gehälter. Laut Planung sollen die Spiele insgesamt klimaneutral sein, weshalb Ausgleichmaßnahmen für die Klimaschädigungen vorgesehen sind. Einen Plan, wie diese Klimaneutralität erreicht werden soll, gibt es allerdings noch nicht.
Bei den angepeilten Gesamtkosten von 2,6 Mrd. Euro ergeben sich damit in Summe mögliche Schwankungen von einigen Hundert Millionen. Die größten Risiken in diesem Bereich liegen aber eigentlich auf der Einnahmeseite. Durch Probleme beim Ticketabsatz oder der TV-Vermarktung können hier fest verplante Einnahmen ausfallen, die dann durch die Stadt ausgeglichen werden müssten. Die Größenordnung lässt sich allerdings schwer vorausahnen, erst Recht neun Jahre vor Beginn der Veranstaltung.
Geplante Kosten: 2,6 Mrd. Euro
Zusätzliches Risiko: 300 bis 500 Mio. Euro
Gesamtbewertung
Die Gesamtkosten laut Finanzreport würden sich auf ca. 12,4 Mrd. Euro belaufen, davon werden aber nur 11,8 Mrd. Euro den Spielen zugerechnet. Der Rest fällt nach den Spielen an. Nach Abzug der erwarteten Einnahmen aus den Spielen selbst, aber auch zahlreichen Grundstücksverkäufen von insgesamt ca. 4,4 Mrd. Euro sollen noch 7,4 Mrd. Euro an Kosten für die öffentliche Hand übrig bleiben.
Die Verteilung der Kosten ist bislang ungeklärt. Die Stadt Hamburg möchte gerne 1,2 Mrd. Euro für die Spiele und weitere 0,5 Mrd. Euro nach den Spielen bezahlen. Dieser Betrag ist bei Lichte betrachtet aber eher als Verhandlungsposition gegenüber dem Bund, der den Rest der Kosten übernehmen soll, zu verstehen. Es gibt keine sachliche Grundlage für diese Zahl. Nach bisherigem Stand lehnt der Bund es ab, die restlichen 6,2 Mrd. Euro zu bezahlen, was aber wohl ebenfalls eine Verhandlungsposition sein dürfte. Die tatsächliche Verteilung der Kosten ist also unbekannt und die Angabe von 1,2 Mrd. Euro für Hamburg zum jetzigen Zeitpunkt unseriös.
Noch nicht vollständig geklärt ist ebenfalls die Frage der Haftungsrisiken. Es entspricht der üblichen Vorgehensweise des IOC keinerlei Risiken selbst zu übernehmen. Es zählt zu den Bedingungen einer Olympiabewerbung die Spiele all-inclusive anzubieten. Sowohl höhere Kosten als auch niedrigere Einnahmen sind von den Gastgebern auszugleichen. Aufgrund von schlechten Erfahrungen in der Vergangenheit verlangt der IOC dabei auch Haftungsgarantien vom finanzstärkeren Bund, der diese zum jetzigen Zeitpunkt noch ablehnt. Diese Frage wird vom IOC aber als nicht verhandelbar betrachtet. Für die Stadt Hamburg selbst ergeben sich ebenfalls Haftungsrisiken, da vor allem die Kosten für den Umzug des Gewerbes auf dem Kleinen Grasbrook und die Neustrukturierung weiter Teile des hamburger Hafens nicht vom Bund übernommen werden würden. Die Stadt Hamburg hat hier bereits pauschale Finanzierungszusagen an die Hafenwirtschaft gemacht und wird alle Mehrkosten selbst tragen müssen.
Aus den oben dargestellten Planungsunsicherheiten und Kostenrisiken ergeben sich vor allem in den Bereichen OlympiaCity, Hafenumzug und Sicherheit sehr große zu erwartenden Mehrkosten. Im Bereich Mobilität ergeben sich aufgrund mangelnder Planungsreife ebenfalls wahrscheinliche Mehrkosten in großer Höhe, außerdem müssten vermutlich weitere Verkehrsprojekte im Kontext der Olympischen Spiele betrachtet und in die Kostenrechnung mit aufgenommen werden.
Mehrkosten in Bereich der OlympiaCity von 1 bis 2 Mrd. Euro sind absolut realistisch, für die weiteren Sportstätten, inklusive Kiel, zusätzliche Kosten in einer Größenordnung von 150 bis 350 Mio Euro. Im Hafen ist eine Verdoppelung der Kosten von 1,3 Mrd. Euro gut möglich, dazu eventuell mehrere 100 Mio. Euro durch weitere bisher ungeplante Verlagerungen. Eine Verteuerung der Sicherheitskosten von 1 Mrd. Euro ergäbe ein Gesamtbudget, das immernoch unter den Kosten von London 2012 läge. Im Falle einer verschärften Sicherheitslage im Jahr 2024 können noch weitere Kosten hinzukommen. Die Bauvorhaben bei der Mobilität sind sehr zahlreich und bisher kaum genug konkretisiert für eine solide Berechnung. Im Zuge der Detailplanungen, Planfeststellungsverfahren, Bürgerbeteiligungen und evtl. Klagen können sich die Mehrkosten schnell auf 1 Mrd. Euro summieren. Die Zuordnung weiterer Verkehrsprojekte zu den Olympiakosten hängt von den Erwartungen ab, ob und inwiefern diese auch ohne Olympia realisiert werden würden. Da sie im Falle der Spiele zwangsweise realisiert werden müssen, können sie in einer Größenordnung von 500 Mio. Euro in die Gesamtkosten der Spiele mit einfließen. Dazu kommen überschaubare Kostenschwankungen bei der Durchführung der Spiele im Bereich von 300 bis 500 Mio. Euro. So ergeben sich erwartbare Mehrkosten in Höhe von 4,75 Mrd. Euro bis hin zu 7,15 Mrd. Euro. Diese würden zum überwiegenden Teil beim Bund enstehen. Die Mehrkosten in einer Größenordnung von mehreren Milliarden Euro in den Bereichen Hafenumzug, Olympisches Dorf und einem Teil der Verkehrsprojekte wären aber von der Stadt Hamburg zu tragen.
Die für Hamburg zu tragenden Kosten in Höhe von 1,2 Mrd. Euro sind damit auf keinen Fall haltbar. Allein an erwartbaren Kostensteigerungen können zusätzliche Zahlungen im Bereich von 3 Mrd. Euro für Hamburg selbst anfallen. Die Verhandlungen über die Kostenverteilung mit dem Bund werden vermutlich ebenfalls weitere Kosten für Hamburg ergeben. Der hamburger Haushalt hätte damit eine Mehrbelastung von mehreren Milliarden Euro zu schultern. Durch die Schuldenbremse ergäben sich deswegen tiefe Einschnitte in die bestehenden Etats und damit eine Verschlechterung der Leistungen der Stadt Hamburg für ihre Bürger.
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Und viele Kosten – Unterhalt und Betriebskosten – der Sportstätten die voraussichtlich keine oder zu wenige Nutzer finden werden – Olympiastadion und Schwimmhalle – kommen noch hinzu. Oder halt die Abrisskosten…
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