Alle Fraktionen in der Bezirksversammlung sprechen sehr gerne von Bürgerbeteiligung. Angesichts von über einem Dutzend aktiver Bürgerinitiativen im Bezirk ist das wenig überraschend. In den letzten Jahren wurden bedingt durch autoritäre Entscheidungen seitens der regierenden SPD, die Interessen und Wünsche der Bürger in Hamburg-Nord entweder gar nicht erst angehört oder einfach übergangen.
Vor allem bei Bebauungsprozessen liegt vieles im Argen. Die meisten Initiativen beziehen sich in ihrem Engagement auf diskussionswürdige Änderungen im Baurecht bei bestimmten Gebieten. Wir wollten einmal genau wissen,
- wieviele Bebauungsprozesse es seit 2010 gegeben hat,
- welche zu Streitfällen zwischen Bezirk und Bürgern geworden sind (ablesbar unter anderem an der Anzahl der Einwendungen) und
- wieviele Bebauungsplan-Entwürfe durch Einwendungen der Bürger im Nachhinein angepasst wurden.
Dafür haben wir eine Anfrage an das Bezirksamt Hamburg-Nord über FragDenStaat.de gestellt. Der Verlauf der Anfrage kann hier eingesehen werden.
Insgesamt gab es seit 2010 genau 19 aufgestellte Bebauungsplan-Entwürfe, die unter anderem auch die gesetzlich vorgeschriebenen zwei Schritte zur Bürgerbeteiligung (eine Plandiskussion & Ermöglichung von schriftlichen Einwendungen) durchlaufen haben.
Viele Streitfälle ohne Willen zum Kompromiss
Es überrascht nicht, daß die Streitfälle, bei denen auf Seiten der Bezirksversammlung kein Willen zur Erarbeitung eines Komromisses bestand, den größten Anteil besitzen. Insgesamt wurden acht zum Zeitpunkt dieser Erhebung abgeschlossene Bebauungsplan-Entwürfe trotz insgesamt 102 Einwendungen einfach ohne jegliche Änderung von der Bezirksversammlung Hamburg-Nord durchgewunken. Der bekannteste Bebauungsplan-Entwurf mit den meisten Einwendungen war hier “Barmbek-Nord 17″, auch bekannt als “Turmbau zu Barmbek“. Bei diesem Prozess wurden Wünsche und Interessen der Bürger gleich doppelt übergangen: Zuerst von Seiten des Sanierungsbeirats zu Beginn des Prozesses, später bei den Einwendungen der Bürger.
Bei drei weiteren Bebauungsplan-Entwürfen sind die Einwendungen zum Zeitpunkt der Erhebung noch nicht abschließend ausgewertet. Hier ist aber absehbar, daß kein Wille zu einem ernsthaften Kompromiss besteht. Dazu zählt “Groß Borstel 25″ (“Tarpenbek Greens“) mit 625 Einwendungen, der diese Woche in der letzten Bezirksversammlung dieser Legislaturperiode durchgewunken wurde. Außerdem ist hierunter “Langenhorn 68” (“Stockflethweg”) mit 193 Einwendungen, bei dem der Investor durch eine Ausnahmegenehmigung schon anfangen durfte zu bauen, hierbei aber durch die Eilklage einer Bürgerinitiative gegen ein Verkehrsgutachten gestoppt wurde.
Zugeständnisse vor allem bei kleineren Bauprojekten
Nur bei fünf Bebauungsplan-Entwürfen von insgesamt 19 wurden Einwendungen stattgegeben. Bei dreien betraf dies lediglich Details. So wurde bei “Winterhude 5″ die Durchgangshöhe für ein Gehrecht von 3,50 m auf 2,50 m geändert. Bei “Ohlsdorf 27″ wurde der Standort für vier neu zu pflanzende Bäume auf dem Plangelände auf Wunsch der Eigentümer verlegt. Bei “Barmbek-Süd 11″ wurde eine Teilfläche anstelle eines Mischgebietes als Wohngebiet ausgewiesen.
Nur bei zwei Bebauungsplan-Entwürfen wurden größere Änderungen durchgeführt. Bei “Winterhude 10″ wurde, um der Anpassung an Nachbargebäude Rechnung zu tragen, die Höhe eines Teils der Neubebauung von 23 auf 20 m reduziert. Außerdem wurde auf einem anderen Teilstück die Bebauung mit einem weiteren Geschoss ermöglicht. Besonders interessant ist hier, daß für die nach der Änderung fünfgeschossige Bebauung eine ausführlichere Verschattungsstudie durchgeführt wurde. Diese verschob das Baufeld weiter nach Westen. Derartige Vorbehalte gegen Verschattung hatte es bei der von der SPD durchgesetzten Bebauung des alten P+R-Geländes am S-Bahnhof Barmbek mit einem 15stöckigen Bürogebäude (“Turmbau zu Barmbek”) nicht gegeben, obwohl Wohnbebauung hier direkt angrenzt und sich Bürger in Dutzenden Einwendungen dagegen ausgesprochen hatten.
Bei “Barmbek-Nord 33″ führte vehemente Kritik der Grundeigentümer vorhandener Wohnbebauung auf dem entsprechenden Plangebiet zu größeren Änderungen im Entwurf. So wurde beispielsweise eine private Grünfläche auf dem Plangebiet geschaffen, und die Neubebauung in Bezug auf Baulinien sowie die Höhen und Tiefen der Gebäude stärker an den bestehenden Gebäuden ausgerichtet. Darüber hinaus wurde die Tiefgaragenfläche der neuen Gebäude verkleinert.
Drei weitere Bebauungsplan-Entwürfe fanden keine Resonanz oder Beanstandung bei der Bevölkerung und gingen ohne eine einzige Einwendung durch.
“Unsere Anfrage bei FragDenStaat verdeutlicht, daß vor allem bei größeren Bauprojekten mit einem großen Investor im Hintergrund Bürgerbeteiligung von den regierenden Parteien als hinderlich empfunden wird. Vor allem in diesen Fällen wird einfach autoritär durchregiert.“, kommentiert Markus Pöstinger das Ergebnis.
“Das Interesse von Investoren zählt mehr als das Interesse der Bürger, das zeigt sich vor allem bei den Themen Tarpenbek Greens, dem Stockflethweg oder dem Turmbau zu Barmbek. Wir wollen das ändern und streben bei allen Bebauungsprozessen eine frühzeitige und ergebnisoffene Beteiligung an. Wir wollen Bürger, Verwaltung, Politik und eventuell vorhandene Investoren dann an einen Tisch bringen, wenn auf allen Seiten nur Wünsche und Interessen vorhanden sind und eben kein fertiger Bebauungsplan-Enrwurf in der Schublade liegt. Nur dann kann Bürgerbeteiligung gelingen und ein Kompromiss entstehen, der allen Parteien gerecht wird.“
Alle Fraktionen in der Bezirksversammlung sprechen sehr gerne von Bürgerbeteiligung. Angesichts von über einem Dutzend aktiver Bürgerinitiativen im Bezirk ist das wenig überraschend. In den letzten Jahren wurden bedingt durch autoritäre Entscheidungen seitens der regierenden SPD, die Interessen und Wünsche der Bürger in Hamburg-Nord entweder gar nicht erst angehört oder einfach übergangen.
Vor allem bei Bebauungsprozessen liegt vieles im Argen. Die meisten Initiativen beziehen sich in ihrem Engagement auf diskussionswürdige Änderungen im Baurecht bei bestimmten Gebieten. Wir wollten einmal genau wissen,
Dafür haben wir eine Anfrage an das Bezirksamt Hamburg-Nord über FragDenStaat.de gestellt. Der Verlauf der Anfrage kann hier eingesehen werden.
Insgesamt gab es seit 2010 genau 19 aufgestellte Bebauungsplan-Entwürfe, die unter anderem auch die gesetzlich vorgeschriebenen zwei Schritte zur Bürgerbeteiligung (eine Plandiskussion & Ermöglichung von schriftlichen Einwendungen) durchlaufen haben.
Viele Streitfälle ohne Willen zum Kompromiss
Es überrascht nicht, daß die Streitfälle, bei denen auf Seiten der Bezirksversammlung kein Willen zur Erarbeitung eines Komromisses bestand, den größten Anteil besitzen. Insgesamt wurden acht zum Zeitpunkt dieser Erhebung abgeschlossene Bebauungsplan-Entwürfe trotz insgesamt 102 Einwendungen einfach ohne jegliche Änderung von der Bezirksversammlung Hamburg-Nord durchgewunken. Der bekannteste Bebauungsplan-Entwurf mit den meisten Einwendungen war hier “Barmbek-Nord 17″, auch bekannt als “Turmbau zu Barmbek“. Bei diesem Prozess wurden Wünsche und Interessen der Bürger gleich doppelt übergangen: Zuerst von Seiten des Sanierungsbeirats zu Beginn des Prozesses, später bei den Einwendungen der Bürger.
Bei drei weiteren Bebauungsplan-Entwürfen sind die Einwendungen zum Zeitpunkt der Erhebung noch nicht abschließend ausgewertet. Hier ist aber absehbar, daß kein Wille zu einem ernsthaften Kompromiss besteht. Dazu zählt “Groß Borstel 25″ (“Tarpenbek Greens“) mit 625 Einwendungen, der diese Woche in der letzten Bezirksversammlung dieser Legislaturperiode durchgewunken wurde. Außerdem ist hierunter “Langenhorn 68” (“Stockflethweg”) mit 193 Einwendungen, bei dem der Investor durch eine Ausnahmegenehmigung schon anfangen durfte zu bauen, hierbei aber durch die Eilklage einer Bürgerinitiative gegen ein Verkehrsgutachten gestoppt wurde.
Zugeständnisse vor allem bei kleineren Bauprojekten
Nur bei fünf Bebauungsplan-Entwürfen von insgesamt 19 wurden Einwendungen stattgegeben. Bei dreien betraf dies lediglich Details. So wurde bei “Winterhude 5″ die Durchgangshöhe für ein Gehrecht von 3,50 m auf 2,50 m geändert. Bei “Ohlsdorf 27″ wurde der Standort für vier neu zu pflanzende Bäume auf dem Plangelände auf Wunsch der Eigentümer verlegt. Bei “Barmbek-Süd 11″ wurde eine Teilfläche anstelle eines Mischgebietes als Wohngebiet ausgewiesen.
Nur bei zwei Bebauungsplan-Entwürfen wurden größere Änderungen durchgeführt. Bei “Winterhude 10″ wurde, um der Anpassung an Nachbargebäude Rechnung zu tragen, die Höhe eines Teils der Neubebauung von 23 auf 20 m reduziert. Außerdem wurde auf einem anderen Teilstück die Bebauung mit einem weiteren Geschoss ermöglicht. Besonders interessant ist hier, daß für die nach der Änderung fünfgeschossige Bebauung eine ausführlichere Verschattungsstudie durchgeführt wurde. Diese verschob das Baufeld weiter nach Westen. Derartige Vorbehalte gegen Verschattung hatte es bei der von der SPD durchgesetzten Bebauung des alten P+R-Geländes am S-Bahnhof Barmbek mit einem 15stöckigen Bürogebäude (“Turmbau zu Barmbek”) nicht gegeben, obwohl Wohnbebauung hier direkt angrenzt und sich Bürger in Dutzenden Einwendungen dagegen ausgesprochen hatten.
Bei “Barmbek-Nord 33″ führte vehemente Kritik der Grundeigentümer vorhandener Wohnbebauung auf dem entsprechenden Plangebiet zu größeren Änderungen im Entwurf. So wurde beispielsweise eine private Grünfläche auf dem Plangebiet geschaffen, und die Neubebauung in Bezug auf Baulinien sowie die Höhen und Tiefen der Gebäude stärker an den bestehenden Gebäuden ausgerichtet. Darüber hinaus wurde die Tiefgaragenfläche der neuen Gebäude verkleinert.
Drei weitere Bebauungsplan-Entwürfe fanden keine Resonanz oder Beanstandung bei der Bevölkerung und gingen ohne eine einzige Einwendung durch.
“Unsere Anfrage bei FragDenStaat verdeutlicht, daß vor allem bei größeren Bauprojekten mit einem großen Investor im Hintergrund Bürgerbeteiligung von den regierenden Parteien als hinderlich empfunden wird. Vor allem in diesen Fällen wird einfach autoritär durchregiert.“, kommentiert Markus Pöstinger das Ergebnis.
“Das Interesse von Investoren zählt mehr als das Interesse der Bürger, das zeigt sich vor allem bei den Themen Tarpenbek Greens, dem Stockflethweg oder dem Turmbau zu Barmbek. Wir wollen das ändern und streben bei allen Bebauungsprozessen eine frühzeitige und ergebnisoffene Beteiligung an. Wir wollen Bürger, Verwaltung, Politik und eventuell vorhandene Investoren dann an einen Tisch bringen, wenn auf allen Seiten nur Wünsche und Interessen vorhanden sind und eben kein fertiger Bebauungsplan-Enrwurf in der Schublade liegt. Nur dann kann Bürgerbeteiligung gelingen und ein Kompromiss entstehen, der allen Parteien gerecht wird.“